100 Jahre Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft
Projekt: Realisierung eines Buches zum 100-jährigen Bestehen der »Saarbrücker gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft«
Dies ist der zweite Titel, der in meinem Verlag edition ak erschien und dessen Produktion mir aufgrund der reibungslosen und produktiven Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung der SGS und den Autoren Hans-Christian Herrmann, Axel Böcker und Carsten Diez viel Freude bereitet hat.
Als vor hundert Jahren die Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (SGS) gegründet wurde, war die wohnungsbaupolitische Ausgangslage in mancher Hinsicht ähnlich der heutigen: Es war eine Zeit des Wohnungsmangels. Der Blick zurück ist also spannend – dieses Buch stellt erstmals die Leistungen und Ansätze der Siedlungsgesellschaft in den Kontext der Architektur- und Städtebau-Geschichte in Saarbrücken und der Welt.
Mit einem über 70-seitigen, üppig bebilderten Essay eröffnet der Historiker und Leiter des Saarbrücker Stadtarchivs, Hans-Christian Herrmann, das Buch. Der Beitrag kontextualisiert die Geschichte der SGS mit der Geschichte Saarbrückens. Eine tour d’horizon führt vom Wachstum der Saarstädte während der Industrialisierung über die Wohnungspolitik des preußischen Bergfiskus zum Boom der Bauwirtschaft und zu den ersten Reformansätzen im ausgehenden Kaiserreich. Aber erst mit der Weimarer Verfassung bekannte sich die Stadt zum sozialen Wohnungsbau. Diese Ära währte nicht lang: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg hinterließen 1945 ein Ruinenfeld physischer und kultureller Art. Vor diesem Hintergrund beschreibt Herrmann den Wiederaufbau im autonomen Saarland 1945–55 und die Visionen von Georges-Henri Pingusson als »Aufbruch in eine neue Zeit«. Aber auch diese Ära endete abrupt: Mit der Ernennung Saarbrückens zur Landeshauptstadt 1957 und einem neuen Ansatz im Wohnungsbau im Zeichen der katholischen Soziallehre begann in den 60er Jahren eine neue Ära im Wohnungsbau. Bald zeigte der ausgeweitete soziale Wohnungsbau erste Krisensymptome. In den 70er und 80er Jahren stand deshalb die Stadtsanierung im Vordergrund. In den 90er Jahren begann ein Systemwechsel in der Wohnungsbauförderung und der soziale Wohnungsbau kam zum Erliegen. Die Folgen dieser politischen Entscheidungen zeigen sich heute überdeutlich.
In seinem Beitrag über den Wohnungsbau am Wackenberg stellt Denkmalpfleger Axel Böcker das Konzept der »Volkswohnungen« anhand des Gebäude-Ensembles Lucas-Cranach-Straße/Grünewaldstraße vor: Zweigeschossige Wohnbauten mit steilem Satteldach waren Ausdruck eines architektonischen Zeitgeistes der 30er Jahre. In der Biographie des Architekten Hermann Stolpe findet der Autor interessante Querverbindungen.
Der Architekt Carsten Diez charakterisiert das gleiche Ensemble als »städtebauliches Kleinod«, ohne dessen ideologischen Hintergrund rehabilitieren zu wollen. Die ruhig gelegene, durchgrünte Siedlung hat ihren Charakter bewahrt und strahlt nachbarschaftliche Atmosphäre aus.